
Weil Lolly am Sonntag in Jeffreys Bay zu tun hatte, hat sie mich kurz entschlossen eingeladen mitzukommen. Konnte ich bereit aufgrund des Haupthauses und der Autos auf dem Hof erkennen, dass die Familie Daniell nicht gerade am Hungertuch nagt, weià ich nun, dass sie tatsächlich nicht unvermögend ist! Denn sowohl Lolly als auch Richard haben Ferienwohnungen in Jeffreys Bay! Richards Wohnung ist recht klein (two bedrooms) und hat auch keinen Seeblick, ist aber in sehr exklusiven Appartementanlage mit Concierge, Konferenzraum etc., die auch häufig Prominente beherbergt. Das System ist wie bei uns: man ist Eigentümer der Wohnung, lässt sie aber durch die Hausverwaltung vermieten, wenn man sie nicht selbst nutzt. Richard möchte die Wohnung aber verkaufen, weil er sie gar nicht benötigt. Denn Lollys Wohnung in einer anderen, nicht so exklusiven Anlage, also ohne Concierge etc., ist riesig (three bedrooms und allgemein groÃzügig geschnitten), hat Seeblick und die gesamte Familie kann sich diese Wohnung ja teilen. Zumal Lolly sie nicht an Gäste untervermietet, sie möchte keine Fremden darin haben.
Bei uns im Schwäbischen sagt man: ÂVon den Reichen kann man das Sparen lernenÂ. Das gilt auch für Familie Daniell. So schaut Lolly beispielsweise auf den Preis, wenn sie Mitbringsel für die Kinder kauft. Sie achtet auf Qualität und kauft lieber weniger als irgendeinen Müll zu kaufen. Sie vergleicht die Preise, auch bei Grundnahrungsmitteln. Und sie bückt sich auch, um einen Cent vom Boden aufzuheben!
AuÃerdem kennt Lolly ÂGott und die WeltÂ. Nach ihren Vorhaben (sie musste Vorhänge kaufen und einem Bekannten der Familie Richards Wohnung zeigen  der sie allerdings nicht übernehmen wird, weil sie ihm zu klein ist), haben wir ihre Cousine und ihre Tante besucht. Dieses Familie hat sowohl ein Restaurant am Strand als auch ein Hotel in Jeffreys, beides gehört zu den besten Häusern der Stadt. Aber die Leute sind überhaupt nicht abgehoben! Sie haben mich begrüÃt wie eine Freundin der Familie und waren sehr interessiert, woher ich komme und was ich mache. Zum Kaffee sind wir dann noch bei einer Freundin von Lolly eingekehrt, aber wir haben uns so gut unterhalten, dass wir bis abends geblieben sind. Denn man glaubt es kaum, diese Frau war als junges Mädchen in Deutschland! Sie sang damals in einem berühmten südafrikanischen Kinderchor ÂDie fröhlichen Finken aus Uitenhage, der in der Adventszeit und Jahreswechsel 1968/1969 eine Europatour machte. Man muss sich das mal vorstellen! ÂWir Deutsche sind damals höchstens nach Italien gefahren und diese Kinder waren in Italien, Spanien, Portugal, London, Ãsterreich, Belgien (incl. Radio-Broadcast beim Belgischen Rundfunk!) und Deutschland. In Deutschland haben sie Konzerte in Köln, West-Berlin, München, Stuttgart, Hannover, Bielefeld und Wanne-Eickel gegeben. Ausgerechnet Wanne-Eickel, das lag aber daran, dass dort ein US Army-Standort war, wo sie gesungen haben… 🙂 Die Kinder haben groÃe Konzerthallen gefüllt und wurden entweder in Gastfamilien oder Jugendherbergen untergebracht. Liz zeigte mir ein Album mit Fotos dieser Konzertreise und vielen Zeitungsausschnitten. Es waren viele südafrikanische Berichte enthalten, aber auch Ausschnitte aus deutschen Zeitungen  die sie nie hatte verstehen können. Nun war ja ich da, und so konnte ich ihr nach 44 Jahren erzählen, was über den Chor in Deutschland geschrieben worden war! 😉 Wir waren schnell im Thema, da ich ja ebenfalls singe und als Kind und Jugendliche mit verschiedenen Chören aufgetreten bin (soweit wie sie bin ich aber nie gekommen).
Abends habe ich mal kurz in Animal Planet hineingeschaut und habe Âmeine Katzen schmerzlich vermisst. Kaum zu glauben, wie heimisch ich mich hier fühle!
Vorgestern sind wir dann über Uitenhage zurück gefahren. Lolly hatte noch Besorgungen zu machen (sie organisiert die Hochzeit einer der beiden Töchter (= Richards Schwestern)) und kauft, sobald sie Zeit hat, das eine oder andere Accessoire für die Hochzeitstafel. AuÃerdem musste sie zum Zahnarzt. Jetzt, mit 54 Jahren, lässt sie sich eine Zahnklammer machen, weil ein Schneidezahn schief steht. Ich habe ja schon als Kind eine Klammer getragen (und gehasst…), in meiner Jugend kam das aber erst auf und meine Eltern mussten noch viel dafür bezahlen. Zu der Zeit gab es das in Südafrika noch gar nicht (übrigens gibt es auch erst seit Anfang der 70er Fernsehen in Südafrika, und das anfangs schwarz-weiÃ, als wir schon Farbe sehen konnten)!
Als wir dann auf dem Rückweg die Farm sahen, hatte ich das Gefühl nach Hause zu kommen…
Ãbrigens ist die ganze Farm ein Familienunternehmen. Ãbernommen und weiter aufgebaut von Sidney und Lolly. Sidney hat auch vor 12 Jahren mit der Gepardenzucht begonnen  leider ist er vor etwa sieben Jahren an Krebs verstorben. Da musste dann der damals 29 Jahre alte Sohn Richard die Farm übernehmen! Lolly hat vor etwa 15 Jahren den Shop als weitere Einnahmequelle aus der Taufe gehoben, aufgebaut und betreibt ihn mit Leidenschaft! Dolla (Spitzname von Abigail) ist zwar die reguläre Angestellte, aber die Chefin hat alles im Blick und würde Dolla auch nicht komplett alleine wirtschaften lassen. Dazu fehlt der jungen Frau die Ãbersicht, beispielweise wann Ware nachbestellt werden muss. In der kleinen Küche werden die Mahlzeiten und der Kaffee von zwei bis drei schwarzen Frauen zubereitet, die auch die Gäste bedienen. Der Shop beinhaltet Kaffee und warme Snacks (Toasties, Hot Dogs und so, alles frisch zubereitet und „lekker“, wie man hier sagt!), Kaltgetränke, ÂSchmatzriegel und Knabberkram, Zigaretten, SüÃigkeiten für Kinder, Biltong (Trockenfleisch) und Souvenirs. Gerade die Andenken sind sehr schön! Lolly kauft nur Kunsthandwerk oder Felle aus der Region bzw. Dinge, die in Südafrika hergestellt wurden! Hier gibt es also keinen Plastikkram aus China!
Gestern war ich ziemlich ÂaufÂ. In der Nacht hatte es erstmals, seit ich hier bin, geregnet. Und das zeitweise recht heftig. Und natürlich platschen die Tropfen auf die Wellblechdächer. So habe ich nicht so gut geschlafen, es war auch recht warm. Dafür sind unsere Regenwassertanks wieder randvoll! 😉 Und gestern habe ich drei Touren mit Deutschen gemacht, wobei ich bei einer noch zwei nur Englisch sprechende Gäste dabei hatte, so dass ich dort alles doppelt erzählen musste. Zwischendurch kam noch ein unangemeldeter Bus mit belgischen Touristen (Âzum Glück nur zum Kaffee)  es war so viel zu tun, dass ich mich auf einmal auch noch für etwa eine halbe Stunde an der Theke wiederfand und Kaltgetränke und Souvenirs verkaufte! Denn sowohl Dolla als auch Jaco hatten ihre freien Tage… Zum Glück bin ich ja in einem Laden aufgewachsen und das Kassensystem ist wirklich einfach zu durchschauen. Dafür hat mir der Tag auch ordentlich Trinkgeld gebracht! 😉
Heute morgen musste ich mit unseren Löwen erstmal ausmachen, wer hier das Sagen hat. Ich war nämlich das erste Mal allein im Gehege, um die Knochen ihrer ersten Warzenschweinmahlzeit zu entfernen (bislang haben sie nur Hühner bekommen) – und da mussten sie dann lernen, dass man mich nicht zwickt, nicht an meinen Schuhen herumnagt und mir auch nicht in den Rücken springt. Wie kleine Kinder, die testen ja erstmal aus, wie weit man gehen kann. 😉
Natürlich habe ich hier als Gast der Âgehobenen Mittelschicht ein komfortables (und trotzdem arbeitsreiches) Leben! Das hat nichts, aber auch gar nichts mit den Lebensbedingungen der schwarzen Angestellten und Arbeiter zu tun. Es gibt zwar inzwischen auch Schwarze, die es durch Studium und erstklassige Bildung zu etwas gebracht haben, aber das ist nur eine ganz kleine Minderheit. Und diese Minderheit zeichnet sich dann leider durch groÃe Arroganz und Angeberei aus. Man glaubt es nicht, welche Autos reiche Schwarze fahren und mit wie viel Schmuck und teurer Kleidung sie sich behängen. Natürlich fahren auch reiche WeiÃe Porsche, aber hier denkt man eher praktisch und pflegt ein gewisses Understatement. Unsere Arbeiter auf der Farm sind fleissig, aber es geht alles in afrikanischem Tempo, also eher gemächlich. Und man muss ihnen schonmal was dreimal sagen und möglichst ein Auge drauf haben (auÃer bei Eileen, der ÂMaidÂ, sie ist sehr fleissig und denkt mit!). Was mich echt stört: die Arbeiter lassen so viel herumliegen! In einer deutschen Werkstatt hat alles seinen Platz und in gepflegten Werkstatt kann man nach der Arbeit prinzipiell Âvom Boden essenÂ. Nicht so hier! Jeden Tag muss ich das Messer zum Aufschneiden der Hühner suchen. Und jeden Tag finde ich in Tiergehegen oder auf dem Hof Drahtstückchen, Scherben oder Müll! Nicht nur, dass sich die Katzen verletzen könnten. Die Drahtstückchen bohren sich beispielsweise in die Reifen unserer Fahrzeuge. Und Reifen sind hier ziemlich teuer. Ich bin jemand, die dann schonmal über den Hof läuft und Müll einsammelt, oder diesen im Vorbeigehen mitnimmt. Lolly ist auch so. 😉
Leider gibt es derzeit Routingprobleme auf der Südhalbkugel! So kann ich leider das Blog nicht derzeit nicht aufrufen (die gesamte Domain blog.de mit allen Subdomains ist ÂabgehängtÂ) und vor allem nicht weiter schreiben! 😦 Mein guter Freund Thommy bekommt nun meine Einträge per Mail und wird sie posten. Danke Thommy! Trotzdem hoffe ich natürlich, dass ich bald wieder selbst schreiben kann.