Über WildCatz

Tierpsychologin und Verhaltensberaterin (auch in Afrika)

Volunteering

Hervorgehoben

Freiwilligenarbeit – der „etwas“ andere Urlaub

Seine freien Tage nicht faul in der Sonne liegend zu verbringen, sondern etwas „Sinnvolles“ zu tun, wird immer beliebter. Der sogenannte Ökotourismus bietet viele Möglichkeiten, sich in der Urlaubszeit für ein soziales oder naturschützendes Projekt zu engagieren. So kann man über verschiedene Reiseveranstalter Meeresschildköten schützen, Vogelbestände zählen, Wolfsspuren „tracken“, Kinder beim Aufbau einer Schule unterstützen und vieles mehr. Eine weitere Möglichkeit ist die freiwillige Mitarbeit in einem bestimmten Projekt im In- und Ausland. Auch hier gibt es verschiedenste Möglichkeiten. Veterinärmedizinisch Interessierte können zum Beispiel in Wildtierkrankenhäusern in Afrika oder Australien helfen. Reptilien-, Wolfs- oder Vogelfreunde können Forschungsteams begleiten oder in Zuchtstationen mitarbeiten.

In Deutschland ist die freiwillige Mitarbeit in afrikanischen Tierschutzprojekten hauptsächlich durch die Farmen „Harnas“ und „N/a’an ku sê“ in Namibia bekannt. Diese Farmen wurden durch Dokumentarserien im Fernsehen vorgestellt. Barbara Imgrund hat in ihrem Buch „Wild Woman“ über ihre Zeit auf N/a’an ku sê berichtet. Dieses Buch empfehle ich gern, es gibt einen guten Einblick in die Arbeit in einem solchen Projekt!

Im englischsprachigen Raum sind aufgrund von Fernsehserien die Organisationen „Cheetah Conservation Fund“ und „AfriCat“ bekannt. Diese beiden Organisationen arbeiten ebenfalls (hauptsächlich) in Namibia. Ich selbst habe in der „Spotted Cats Conservation“ in Südafrika mitgearbeitet. Es gibt natürlich noch viele weitere Projekte, und wer sich ein wenig umschaut, wird etliche Möglichkeiten finden!

Transport von „Katzenfutter“

Alle Projekte verfolgen mehrere Ziele: Auffangstation für verwaiste und verletzte Wildtiere, Auswilderung der gesund gepflegten und in der Wildnis überlebensfähigen Tiere, Aufklärung der Farmer über Beutegreifer, Nutztierschutzmaßnahmen (Wissensvermittlung, Lebendfallen aufstellen und beim CCF auch die Zucht und Ausbildung von Herdenschutzhunden), Aufklärung über Trophäen- und „Gatter“-Jagd (beim „canned hunting“ werden die halbzahmen Tiere in kleine Gehege gesperrt, damit sie auch ein unerfahrener Jagdtourist leicht erlegen kann!), Ächtung der Wilderei und der Fallenstellerei. Gerade zum hochemotionalen Thema Jagd wird durch Aufklärungsarbeit darauf hin gearbeitet, dass lebende Tiere letztlich mehr Geld einbringen als tote… Denn viele Farmer im südlichen Afrika verdienen immer noch Geld mit Jagdtourismus.

Eine reine Auffangstation ist der „Lions Rock“ der Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“. Hier finden „ausgediente“ Zoo- und Zirkuskatzen aus Europa ein Zuhause in Südafrika. Solche Auffangstationen gibt es leider viel zu wenige. In Europa sind mir bislang nur bekannt: „Raubkatzen- und Exotenasyl“ in Ansbach und „Stichting Pantera“ in den Niederlanden. Auch diese Vereinigungen suchen ehrenamtliche Helfer (in Ansbach kann man beispielsweise je nach Dienstplan an einen bestimmten Tag in der Woche helfen). Übrigens haben im Tierheim Rüsselsheim jahrelang zwei Tigerinnen gelebt, die einst von einem heruntergekommenen Wanderzirkus in Frankreich ausgesetzt wurden. Diese beiden Katzen durften vor kurzem in den „Lions Rock“ umsiedeln.

In den afrikanischen Projekten kann man als „Volunteer“ mitarbeiten. Man hilft dort mit, die Tiere zu füttern und zu pflegen. Das reicht vom Misten der Gehege bis zur Handfütterung süßer „Katzenbabies“… das erstere überwiegt allerdings deutlich! Für die Katzen wird morgens das Fleisch portioniert. Da darf es einen beispielsweise nicht gruseln, wenn ein altes Pferd gebracht und frisch geschlachtet wird! Außerdem wartet auch Knochenarbeit beim Zäuneziehen oder Brunnenbauen. Eventuell muss oder kann man dem Tierarzt, in der Schule den Mitarbeiterkindern oder bei der Büroarbeit helfen. In manchen Projekten wird auch geforscht, und dann wird man zum „Tracken“ (Spuren verfolgen und Beobachten) von ausgewilderten Tieren eingesetzt.

Füttern eines verwaisten Kiebitz-Jungen

Die meisten Projekte erwarten einen Mindestaufenthalt von etwa drei Wochen. Diese Mindestdauer ist sinnvoll, denn man muss ja zunächst einige Tage eingearbeitet werden. Bevor man selbstständig Aufgaben übernehmen kann, dauert es eine gewisse Zeit und bindet Mitarbeiterkapazität, so dass sich kurze Aufenthalte für die Farmen einfach nicht „lohnen“. In manchen Projekten kann man je nach Ausbildung und Fähigkeiten Wunschaufgaben angeben, aber meist wird einfach die Arbeit gemacht, die eben anfällt. Zahme Geparden kuscheln nimmt allerdings grundsätzlich den wirklich allergeringsten Teil der Zeit ein!

„Freiwillig“ bedeutet nicht „kostenlos“! Zum Einen muss man für Kost und Logis aufkommen, zum Anderen finanzieren die Farmen die Tierschutzarbeit durch Besucher, Gäste und eben die Helfer! Gerade die Katzen verschlingen Unsummen, im wahrsten Sinne des Wortes. Wenn man nicht selbst einen Springbock schießt oder ein „ausgedientes“ Rind geschenkt bekommt, muss man Fleisch kaufen – und das ist auch in Afrika nicht billig! Verletzte Tiere benötigen eine medizinische Behandlung, und auch der Tierarzt muss von Irgendetwas leben. Handaufzuchten benötigen Sachverstand und Spezialnahrung. Gehege müssen gebaut und unterhalten und Pacht oder Kaufpreis für Bodengrund gezahlt werden. Und nicht zuletzt haben die Betreiber des Projekts vielleicht ihr Leben als Farmer oder ihren Beruf aufgegeben, um Tiere und Natur zu schützen. Sie schwelgen nicht im Reichtum, aber essen und wohnen müssen auch sie!

Es muss also Geld hereinkommen. Eine Möglichkeit: man zeigt die Station Tagesgästen, die dafür einen zahmen Geparden streicheln oder Fotos mit den Tieren machen dürfen. Die Tiere werden hierbei nicht bedrängt! Wenn der Gepard keine Lust mehr hat, darf er sich zurückziehen (er ist immerhin noch ein Wildtier und darf nicht in die Lage geraten sich verteidigen zu müssen)! Manche Projekte haben eine Lodge für Safaritouristen, die dann durch ihren Urlaubsaufenthalt die Arbeit mitfinanzieren. Über verschiedene „Fundraising“-Maßnahmen werden Spenden generiert, hierzu tragen auch Besuche von Prominenten, Film und Fernsehen, Vorträge oder Veranstaltungen bei. Und schließlich sind auch die Volunteers Botschafter für die Projekte, indem sie einen bestimmten Betrag für das Mitarbeiten-Dürfen entrichten und natürlich ihre Erlebnisse (heutzutage auch per Blog, Facebook oder Twitter) in die Welt tragen.

Das liebe Geld spielt für ein solches Vorhaben also durchaus eine Rolle. Man sollte mit etwa 650-1.000 EUR „voluntary fee“ pro Woche (!) rechnen (oft wird es prozentual günstiger, je länger man bleibt, da man dem Projekt dann mehr „Nutzen“ bringt). Dazu kommt noch der Flug und etwas Taschengeld… Je nach Projekt ist das Leben recht komfortabel bis spartanisch einfach. Die einen Volunteers schlafen im Haupthaus in Einzel- oder Doppelzimmern und sitzen mit der Familie am Esstisch, die anderen wohnen in zugigen Mehrbetthütten, müssen sogar den Schlafsack noch mitbringen und ihre Mahlzeiten in einer gesonderten Küche mit Aufenthaltsraum selbst zubereiten. Die Spannbreite ist groß und nicht an den Beträgen festzumachen! Man sollte sich also gut informieren und bereit sein, mit einfachen Gegebenheiten auszukommen. Auf einem Feldbett oder in einer Hütte mit Fledermäusen zu übernachten, stellt für jüngere Menschen sicher eine geringere Hürde dar als für ältere. Trotzdem ist Volunteering nicht nur etwas für die junge Generation! 40- bis über 60-jährige, körperlich mobile und geistig offene Freiwillige bringen viel Lebenserfahrung mit, und oft eine gute berufliche Qualifikation. Diese Menschen können daher beispielsweise zielgerichtet für bestimmte Aufgaben eingesetzt werden und sind genauso wertvoll für die Projekte wie Schüler oder Studenten.

Gehegereinigung bei den Falbkatzen

Die Teilnehmergebühr wird von den Projekten als „Spende“ eingenommen („donation“), denn offiziell „arbeiten“ darf man ohne besondere Genehmigung weder in Namibia noch in Südafrika. Deswegen ist der Aufenthalt der Volunteers im Regelfall auf drei Monate (Dauer eines Touristenvisums) begrenzt. Beide Länder haben Arbeitsgesetze, die klar regeln, dass Ausländer nur dann eine Arbeitserlaubnis erhalten, wenn sich kein Einheimischer für den Job findet. Bei einer relativ einfachen Anlern-Tierpflegetätigkeit kann man wohl eher nicht davon ausgehen, dass das kein Namibier oder Südafrikaner machen könnte… Aber ein Angestellter hätte natürlich Anrecht auf einen Lohn, eine Art Sozialversicherung etc. Da sind freiwillige Praktikanten deutlich billiger – und die bringen neben einer hohen Motivation sogar noch Geld mit! Ob die hohen „Spenden“ also gerechtfertigt sind und ob es nicht auch andere Wege gäbe, darüber darf man trefflich streiten. Beim Ansehen der Fernsehdokumentationen habe ich mich jedenfalls sehr gewundert, wie die vielen jungen Menschen in den Projekten das wohl finanzieren. Alles „sponsored by Mutti“? Aber welcher „Normalsterbliche“ kann seinem Kind eine solche Reise ermöglichen? Also nur was für „Reiche“? Nicht unbedingt – ich hatte selbst in einem meiner Katzenbiologie-Seminare einen Tierpfleger (Fachrichtung Tierheim) als Teilnehmer, der vier Wochen lang in Namibia war. Wenn man die Gehälter von Tierheimmitarbeitern kennt, weiß man, dass er dafür sehr lange sparen musste. Trotzdem hat er sich diesen Wunsch erfüllt! Und wenn man Reisekataloge studiert, und die Kosten eines regulären „Safari-Urlaubs“ sieht… dann erscheint so ein Volunteering geradezu preiswert. Für den Teilnahmebeitrag bekommt man Kost, Logis und harte Arbeit – aber eine große Portion Afrika, eine sinnvolle Aufgabe und unvergleichliche Erlebnisse!

Andrea C. Schäfer
Tierheilpraktikerin/Tierpsychologin
www.wildcatz.de

mit „Khaki“ (leider zwischenzeitlich verstorben)

Der Mensch-(Raub-)Tier-Konflikt

Für viele Farmer stellen Raubkatzen oder Wildcaniden (Schakale, Wildhunde) eine Gefahr für die Nutztiere dar. Dieser Konflikt ist jedoch schon viel älter. Während die San (Buschleute) als Jäger und Sammler noch keine Nutztierhaltung kamen, haben die Richtung Süden einwandernden Bantu-Völker ihre Rinder und das Konzept der Viehhaltung mitgebracht. Durch die Rinder wurden nicht nur wilde Pflanzenfresser, sondern auch die San verdrängt. Auch schon in vorkolonialen Zeiten gab es Streit um das Land, auf dem die Nutztiere weiden konnten. Denn Kämpfe um Vieh und Weidegründe – und damit Wohlstand, wurden immer schon ausgetragen. Aber erst die weißen Siedler haben Zäune gezogen und „ihr“ Land abgesteckt. Denn sie haben das Vieh nicht gehütet, sondern auf eingegrenzten Arealen laufen lassen. Die schwarzen Völker haben ihre Ziegen und Rinder nachts in „bomas“ oder „krals“ getrieben, mit Dornbuschzweigen abgesteckte Areale, in denen auch ihre Hütten standen. Während die schwarzen Viehhirten daher Raubtiere nur töteten, wenn sie sich erkennbar an Nutztiere vergriffen oder in die bomas/krals eindrangen, konnte ein Siedler im Zweifel nicht feststellen, wer der Beutegreifer war. Nutztiere, die nicht gehütet werden, sind gegen große Raubtiere meist schutzlos.

Doch wer war zuerst da, die Tiere oder die Farmer? Natürlich muss ein Farmer seine Familie ernähren. Aber wenn es genug wildlebende Beute wie beispielsweise Antilopen gibt, wird Nutzvieh im Regelfall in Ruhe gelassen. Außerdem könnten sich die Farmer auch durch unblutige Maßnahmen schützen. Auch wenn es teurer sein mag, ist das Hüten der Herden eine wirksame Schutzmaßnahme, da wilde Katzen vor Menschen flüchten. Außerdem kann man Herdenschutzhunde mit den Herden vergesellschaften. Dieses Modell wird in Namibia bereits erfolgreich angewandt, und auch in Südafrika wird in Einzelfällen bereits mit der Haltung von Herdenschutzhunden begonnen. Auch Esel und Lamas lassen sich zum Herdenschutz einsetzen, weil sie aufmerksam und wehrhaft sind und die eher kargen klimatischen Bedingungen in Südafrika durchaus vertragen. Außerdem müssen diese Pflanzenfresser im Gegensatz zu den Hunden nicht mit spezieller Nahrung versorgt werden (Fleisch/Hundefutter), so dass sie deutlich günstiger im Unterhalt sind.

Trotzdem gilt leider gerade in Südafrika, das gewissermaßen komplett in Menschenhand ist, der Slogan Bernhard Grzimeks aus den 50/60-er Jahren „Kein Platz für wilde Tiere“, mit dem er für die Einrichtung von Schutzgebieten warb. Echte „Wildnis“ findet man in Südafrika leider kaum noch, wenn man von den menschenleeren Gebiten der Kalahari absieht. Jedoch werden mehr und mehr Reservate und Nationalparks zusammen gelegt, um den Tieren größere Gebiete, neue Wanderrouten und eventuell unbeeinflusste Fortpflanzung zu ermöglichen.

Um den Famern zu helfen, fangen verschiedene Organisationen „Problemkatzen“ (im Regelfall Leoparden und Geparde) ein, siedeln sie um oder pflegen sie gesund. Diese Hilfe wird von den Farmern immer häufiger angefragt, weil sie eigentlich einen Bezug zur Natur haben – nur soll diese den Nutztiere nicht zu nahe kommen. Servale und Karakale reißen zwar keine Rinder, sind aber eine Bedrohung für Geflügel oder Zicklein. Diese Katzen werden daher leider häufig abgeschossen. Da es sich hierbei nicht um bedrohte Arten handelt, stehen sie nicht im Fokus von Erhaltungsprogrammen.

Andrea C. Schäfer ist Tierpsychologin und arbeitet seit 2012, soweit es die Berufstätigkeit in Deutschland zulässt, als freiwillige Mitarbeiterin („volunteer“) in einer Katzenauffang- und –zuchtstation in Südafrika. Im „Spotted-Cats-Conservation“-Projekt auf der Daniell Farm in der Nähe des Addo Elephant National Park können Gäste bei Führungen viel über die wilden Katzen erfahren. http://www.wildcatsworld.org/